Freitag, 17. Januar 2014

Ueli Freund, Landwirt, Lüchingen, pensioniert



Seit 30 Jahren steht Ueli Freund jeden Donnerstagvormittag mit seinem Marktwagen in Altstätten und verkauft seine selbst angebauten Produkte, hauptsächlich Gemüse und Kartoffeln. Er bewirtschaftet das ganze Jahr 80 Aren Anbaufläche, womit er grob gerechnet den Jahresbedarf von 50 Haushalten deckt. Dank Direktverkauf zu einem vergleichsweise günstigen Preis, den er selber bestimmen kann.
Seinen eigenen Bedarf an Gemüse, Obst und Kartoffeln deckt er selber, Käse und Fleisch kauft er zu.
Als Kleinbauer besitzt er das Wissen, wie man die verschiedenen Gemüse anbaut und man mit den Launen der Natur umgeht. Die Entwicklungen der Nahrungsmittelproduktion und der Gesellschaft allgemein betrachtet er kritisch.

„Früher brachten die Oberrheintaler Bauern ihr Gemüse in die Gemüsezentrale Rebstein, von wo die Ware an die regionalen Läden, auch an die Grossverteiler, geliefert wurde. Aufgrund der sogenannten Rationalisierungsbestrebungen der ver-gangenen Jahre sind die Vermarktungswege leider grösser geworden.“

„Auf dem Markt können in ruhigen Zeiten maximal 8-10% direkt verkauft werden, der Rest läuft über den Handel.“

„Früher waren 30-40 Kleinbauern auf dem Markt. Frauen mit Handwagen verkauften ihre Produkte. Das fehlt heute. Dabei dürften alle, die selber produzieren, ohne Gebührenpflicht auf dem Markt verkaufen. Das ist seit Jahrhunderten so geregelt.“

„Das Wissen der Kleinbauern geht mit dem aktuellen Trend mehr und mehr verloren. Garade in Krisenzeiten könnte sich das rächen, wenn keine Transporte und Liefe-rungen mehr existieren und man die alten Werkzeuge wieder bräuchte.“

„Dass kürzlich einheimische Eisbergsalate geschreddert werden mussten, liegt daran, dass die Grossverteiler nicht rechtzeitig über die beabsichtigten Lieferungen informiert wurden. Das ist je nach Wetter nicht immer einfach, da die Kalkulation dann schwierig ist. Deshalb wurden mehr Importe getätigt, und die einheimische Ware wurde nicht mehr gebraucht.“

„Wie sollen wir den Selbstversorgungsgrad erhöhen bei diesen Verträgen mit der EU? Als souveränes Land sollten wir uns im Notfall selber über Wasser halten können.“

„Es stimmt nicht, dass die Wirtschaft kaputtgeht, wenn kein Wachstum mehr ist. Wenn sie überrissen agiert, dann droht ein Chlapf. Es sollten viel mehr Leute in der Nahrungsmittelproduktion tätig sein, das einfache Leben kennen. Die Schweiz hat genügend Einwohner und sollte besser mit den Leuten haushalten, die bereits hier sind. Das wäre qualitatives Wachstum. Ansonsten stossen wir mit unserer Infra-struktur bald einmal an die Grenzen.“

„Man möchte doch den eigenen Lebensraum erhalten. Das ist wichtig für jeden Menschen, um sich wohl fühlen zu können. Deshalb sollte nicht Kulturland zerstört werden, welches sich besser für anderes eignet. Das Zwischenmenschliche gibt mir ebenfalls zu denken. Mit den heutigen Technologien muss man beinahe mit niemandem mehr reden.“

„Das Rheintal könnte sich gut mit allen Nahrungsmitteln selber versorgen: Gemüse, Getreide, Obst, Milch- und Fleischprodukte. Die Berggebiete würden Fleisch und Milch produzieren und die im Tal den Rest. Mais und Kartoffeln zum Beispiel gedeihen im Rheintal sehr gut.“

„Wenn man etwas verändern möchte, muss man vielleicht neue Modelle aus-probieren. Ich fange jedoch nichts Neues mehr an."